erschienen in „Die Glocke“, 08.08.2019
„Glocke“-Serie: „Weltretter lokal“ (2): Erhalt der Vielfalt beginnt vor der eigenen Haustür
Der Atlasspinner gehört zu den größten Schmetterlingen der Welt, wird allerdings nur eine Woche alt. Lehrer Silvio Braunholz züchtet neben dem Falter einige andere Insekten. Bilder: Bartels
Langenberg (mfb). Insekten faszinieren Silvio Braunholz bereits seit langem. Wann genau seine Leidenschaft für die Krabbeltiere begann, kann er nicht mehr sagen – es muss irgendwann während seiner Grundschulzeit gewesen sein. Die Begeisterung für die kleinen Tierchen war es auch, die den mittlerweile 51-Jährigen dazu veranlasste, Biologie und Chemie auf Lehramt zu studieren. Heute hat er mehrere Projekte, um vor Ort die Insekten zu schützen.
„Ab dem kommenden Schuljahr leite ich die AG „Natur pur“ an der Rheda-Wiedenbrücker Gesamtschule“, berichtet Braunholz. Dort will er die Schüler über die lokale Natur aufklären und zeigen, wie Artenschutz aussehen könnte. „Auch in meinem bisherigen Unterricht habe ich immer wieder ökologische Probleme besprochen und beispielsweise gezeigt, wie viele Ressourcen für Dinge des täglichen Bedarfs verbraucht werden“, sagt der Lehrer. Mit der neu gegründeten AG möchte er aber vor allem auf einen bisher unterschätzten Faktor aufmerksam machen: Insekten.
Seiner Meinung nach beschäftigen sich die Menschen zu wenig mit diesem Baustein des Ökosystems. „Insekten sind oft nicht so ansehnlich und haben – anders als Wirbeltiere – keine Persönlichkeit. Doch für die Natur sind sie unverzichtbar“, betont Braunholz. Beispielsweise würden Raupen Pflanzen fressen und gewisse Vogelarten wiederum die Raupen. Ein Insektensterben durch Mähen der Pflanzen würde das Ökosystem empfindlich stören.
Besonders angetan haben es Braunholz seit jeher die Schmetterlinge. „Es sind einfach auffällige, schöne Tiere“, schwärmt der 51Jährige. Daran schlössen sich aber einige interessante Fragen an, gibt er zu bedenken. „Fliegen darf man ohne weiteres töten, aber Schmetterlinge stehen teilweise unter Artenschutz“, erklärt Braunholz. Zwar sei der Artenschutz grundsätzlich richtig, allerdings könne man nicht per Faustregel entscheiden, wo die Grenze gezogen werde.
Bei seinen Schülern an der Gesamtschule erntet er reges Interesse für Umwelt-Themen. Die „Natur pur“-AG erfreut sich bereits vor ihrem Start großer Beliebtheit. „Wir hatten kein Problem, genügend Schüler zu begeistern“, sagt Braunholz. Auch in seinem bisherigen Unterricht habe ihn das Engagement der Kinder und Jugendlichen immer wieder beeindruckt.
In der AG will er auch praktische Tipps geben, wie die Artenvielfalt vor der eigenen Haustür erhalten werden kann. Zusätzlich steht eine Kooperation mit der Imker-AG auf dem Plan. Denn schließlich sind die schwarzgelben Summer erst der Grund, dass überhaupt Pflanzen für die Insekten wuchern.
Heimstätte für Krabbeltiere schaffen
Die braunen Eier werden später einmal „Wandelnde Blätter“. Die Heuschreckenart verdankt ihren Namen ihrem Aussehen.
Langenberg (mfb). Insekten seien auf vielfache Weise unterschätzte Tiere, ist Silvio Braunholz überzeugt. Nicht nur könne jeder mit relativ wenig Aufwand seinen eigenen Garten in eine Heimstätte für die Krabbeltiere verwandeln, auch seien sie faszinierende Haustiere.
Braunholz besitzt selbst einige exotische Arten wie beispielsweise den Atlasspinner, den größten Schmetterling der Welt. Auch Stabheuschrecken zählen zu seiner Sammlung, die er regelmäßig seinen Schülern präsentiert, um sie für das Thema zu sensibilisieren.
Einfach mal wachsen lassen
Lokale Pflanzenarten seien für die hiesige Fauna optimal, betont Silvio Braunholz. Allerdings sollte der Mensch die Natur in Ruhe lassen und nicht durch Pflegewut einen insektenfeindlichen Ort schaffen.
Langenberg (mfb). Akkurat gemähtes Gras, eine mit dem Lineal gezogene Rasenfläche und farblich sortierte Blumen, die auf künstlich gedüngtem Mutterboden stehen – für viele ein Idealgarten, für Insekten allerdings ein Alptraum. Umwelt- und Artenschutz beginnen im Kleinen, ist Silvio Braunholz überzeugt. Der Biologie- und Chemielehrer betreibt deswegen auf eigene Kosten die Website Langenberg-Schmetterlinge.de, wo er über Falter, Insekten und ihren Schutz aufklärt.
„Es ist natürlich super, wenn überall Demonstrationen für den Klima- und Umweltschutz gehalten werden. Aber jeder kann einen eigenen kleinen Beitrag dafür leisten“, findet Braunholz. Auf seiner Internetseite erklärt er deswegen, wie man die eigene Scholle zu einem Schutzgebiet im Miniaturformat umbaut.
Dazu gehört eben auch, die gängigen Vorstellungen eines Traumgartens über Bord zu werfen. „Einfach mal wachsen lassen“, rät Braunholz. Gemähter Rasen sei für Insekten eine tote Fläche. Generell solle man heimischen Pflanzen den Vorzug lassen, da sich die angestammten Arten von ihnen ernähren können. „Noch dazu sind sie auf das hiesige Klima eingestellt und können auch trockene Perioden verkraften“, zählt der Biologielehrer die Vorzüge auf.
Umständliches Düngen oder Schneiden der Pflanzen sei nicht nötig, so könnten sie sich am besten entwickeln. Da hin und wieder doch die Sense zum Einsatz kommen müsse, solle man die Abfälle gemeinsam mit abgeschnittenen Baumästen zu einem Haufen auftürmen. „So können etwa Vögel und Igel dort nisten.“
Ausdrücklich empfiehlt er auch ein Dickicht, um den Tieren Schutz zu bieten, sodass sie sich auch dort niederlassen können. „Ein perfekter Garten ist kein Ort für Lebewesen“, fasst er zusammen. Durch viele kleine Tierschutzgärten könne ein großes Gärtennetz entstehen.